Kammergericht verurteilt Sozialhilfeträger zur Zahlung von Pflegevergütung

Der Sozialhilfeträger forderte von einem Pflegedienst die Vergütung für bewilligte Leistungen der Hilfe zur Pflege zurück, weil er annahm, die Leistungen seien tatsächlich nicht erbracht worden. Diese Annahme stützte er auf eine Aussage der Hilfeempfängerin etwa zwei Jahre nach der Leistungserbringung, die sich an die konkrete Leistungserbringung nicht mehr erinnern konnte. Daher hob er den Bewilligungsbescheid gegenüber der Leistungsempfängerin rückwirkend auf und erklärte gegenüber dem Pflegedienst die Aufrechnung mit laufenden Vergütungsforderungen.

Das Kammergericht verurteilte den Sozialhilfeträger mit Urteil vom 28.11. 2023 (Az.: 20 U 36/23, rechtskräftig) zur Zahlung der Pflegevergütung. Die Aufrechnung sei rechtswidrig, da eine Rückforderung nicht bestanden habe. Der Sozialhilfeträger sei darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der Pflegedienst die Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Wenn der Pflegedienst Leistungsnachweise vorlegt, die die Erbringung der Leistung bestätigen, so muss der Sozialhilfeträger dem substantiiert entgegentreten und seinerseits die Nichterbringung der Leistung beweisen. Allein eine protokollierte Aussage der Hilfeempfängerin, sie könne sich an die konkrete Leistungserbringung nicht mehr erinnern, genügt hierfür nicht. Die Aufhebung des Bewilligungsbescheides gegenüber der Leistungsempfängerin bietet ebenfalls keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung. Der Rechtsgrund für die Bezahlung der Leistungen sei dadurch nicht entfallen. Der Pflegedienst habe nicht damit rechnen müssen, dass der Sozialhilfeträger die Bewilligungsbescheide nachträglich aufhebt. Er hat die Leistungen im Vertrauen auf den Bestand der Bewilligung auch im Interesse des Sozialhilfeträgers erbracht. Würde man anders entscheiden, wären Pflegedienste, die ihre Leistung ordnungsgemäß erbracht haben, gegen ein Vorgehen des Sozialhilfeträgers, der keinen Rücknahmebescheid gegenüber dem Pflegedienst erlässt und sich im rückwirkenden Rücknahmebescheid gegenüber dem Hilfeempfänger auf haltlose Vorwürfe gegenüber dem Pflegedienst stützt, rechtlos gestellt.

Berlin, 19.04.2024

Dr. Johannes Groß

Rechtsanwalt